Analyse der Ergebnisse der Weltklimakonferenz

19. Dezember 2011 | Bundespolitik, Ott's Blogs, Klimapolitik | 
Am Sonntagmorgen ist mit mehr als einem Tag Verspätung der sog. "Klimagipfel" in Durban zu Ende gegangen (technisch die 17. Konferenz der Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention und die 7. Konferenz der Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls).


Auch nach dem gerade noch geglückten Abschluss der Klimakonferenz in Durban bewegen wir uns auf eine um deutlich mehr als 2 Grad wärmere Welt zu – mit katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Die eigentlich erforderlichen Entscheidungen sind unzureichend oder wurden vertagt. Das kostet wieder Zeit, Zeit die wir uns weder ökologisch noch ökonomisch leisten können.

 

Die Ergebnisse sind zwiespältig, hier in Kürze:

  • Einerseits ist der notwendige Verhandlungsprozess im Rahmen der UN gerettet. Die - wenn auch späte - Einigung zeigt, dass die übergroße Mehrzahl der Staaten die Gefahr durch den Klimawandel ernst nimmt und auch Maßnahmen dagegen ergreifen will. Das ist gut und weist auch alle Zweifler und Nörgler in die Schranken, die den Klimaschutz ablehnen oder für unmöglich halten.
  • Andererseits ist der Klimaschutz in der Substanz mit den Beschlüssen von Durban nicht wirklich weitergekommen. Dringende Entscheidungen wurden in Durban auf die lange Bank der nächsten Jahre geschoben. Das Zwei-Grad-Ziel ist mit diesen Maßnahmen nicht zu erreichen. Die Klimawissenschaft hat das Notwendige klar benannt, allerspätestens 2020 müssen die Emissionen weltweit sinken. Und selbst dann müssen weitere sehr ehrgeizige Reduktionspfade eingehalten werden um einigermaßen verlässlich die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen.
  • "Von einem großen Erfolg für den Klimaschutz", wie von Umweltminister Röttgen verkündet, kann also überhaupt keine Rede sein - von einer "neuen Weltordnung", wie es in manchen Kommentaren hieß, noch weniger. In Durban ist allenfalls ein erster Schritt in Richtung einer solchen neuen Ordnung gegangen worden...dass man nämlich darüber verhandeln will.
  • Unsere Forderung nach einer „Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ war richtig. Die EU hat eine Allianz mit den Entwicklungsländern gebildet - schon das Erfolgsmodell in Berlin 1995 und Marrakesch 2001. Diese Chance gilt es nun auch nach der Konferenz zu nutzen - eine Allianz der Vorreiter, die vorangehen, ohne auf den oder die Nachzügler zu warten.
  • Diese Allianz der Vorreiter muss auf zwei Ebenen agieren: Einerseits im Rahmen der weiteren Klimaverhandlungen in den Vereinten Nationen, wo sie genutzt werden muss um bis 2015 einen anspruchsvollen Klimaschutzvertrag zu verabschieden. Andererseits durch das erfolgreiche Beispiel der Vorreiter, die zeigen können, dass Klimaschutz auch ökonomisch Sinn macht, Chancen für neue Jobs schafft und Unabhängigkeit von Rohstoffimporten verschafft. Diese Vorreiterallianz sollte auch außerhalb der UNO sichtbar sein und gemeinsame Strategien planen.

 

Klimakonferenz in Durban: Wende noch geschafft, Strategiewechsel notwendig

 

Auch wenn in Durban ein totales Scheitern der Konferenz am Ende verhindert werden konnte - aus ökologischer Sicht ist dadurch noch nicht viel gewonnen. Das Erreichen des 2 Grad Ziels wird zunehmend unwahrscheinlicher, weil dafür bis 2020 schon ein Scheitelpunkt der globalen Emissionen erreicht sein müsste.

 

Der Kompromiss, der in letzter Minute verabschiedet wurde, ist ein schwaches Fundament. Es wird nur dann tragfähig sein. wenn es die volle Unterstützung derjenigen Staaten behält, die diesen Kompromiss erst möglich gemacht haben: Die Europäische Union und die Entwicklungsländer. Das muss eines unserer Ziele sein.

Zu den Beschlüssen in Einzelnen:

 

Vor der Durban-Konferenz hatten wir drei Prüfsteine für einen Erfolg von Durban genannt. 1.) Kyoto-Protokoll verlängern, 2.) Fahrplan für ein Klimaabkommen spätestens in 2015 und 3.) Green Climate Fund arbeitsfähig machen. Diese Forderungen sind zwar formal zum Teil erfüllt, in der Substanz aber unzureichend. Es ist deshalb nicht möglich, von einem "Erfolg" der Konferenz zu sprechen.

  1. Das Kyoto-Protokoll wird nur unkonkret verlängert. Es ist nicht "tot", soweit die gute Nachricht. Die Vertragsparteien beschlossen eine zweite Verpflichtungsperiode nach dem Auslaufen der ersten am 31. Dezember 2012 (Es gibt keinen Zufall - durch die Verspätung der Konferenz wurde diese Verlängerung sogar am 14. Geburtstag des Protokolls, also am 11.12. beschlossen...). Doch bleibt in dem Beschluss unklar, wie lange diese zweite Verpflichtungsperiode sein wird (im Gespräch sind fünf oder acht Jahre) und es fehlen vor allem die Konkretisierungen bei den Minderungsverpflichtungen für die einzelnen Staaten. Japan, Russland und Kanada haben schon angekündigt, dass sie keine neuen Pflichten akzeptieren werden. Aber was ist mit den Pflichten der anderen Staaten - bleiben es dieselben wie unter dem jetzt geltenden Protokoll oder werden sie verschärft? Das ist auch besonders wichtig für die EU: Falls deren Minderungspflichten nicht deutlich erhöht werden, kann sie sehr viele nicht genutzte Emissionsrechte in die zweite Periode "mitnehmen" und bräuchte deshalb kaum etwas zu tun bis 2020: Es wird geschätzt, dass diese "gebunkerten" Emissionsrechte ca. die Hälfte der jährlichen Emissionen in der EU ausmachen.

    Bis Mai 2012 sollen die Vertragsstaaten nun Vorschläge für eigene Minderungspflichten vorlegen. Die rechtliche Festschreibung dieser Pflichten ist erst für die nächste Klimakonferenz in Katar vorgesehen. In Durban wurden also Formelkompromisse erzielt, die den Prozess in Gang halten, aber wichtige Festlegungen bleiben offen und werden vertagt.

    Grüne Bewertung: Unsere Forderung nach einer "Verlängerung des Kyoto-Protokolls" wird damit zwar formal erfüllt, aber es bleibt unklar mit welchen Minderungen und bis wann.

  2. Die Beschlüsse für den Fahrplan zu einem neuem Abkommen sind vage und kommen zu spät. Zwar soll bis spätestens 2015 ein Verhandlungsergebnis verabschiedet werden, aber die Verbindlichkeit einer solchen Vereinbarung ist offen. Das Ergebnis soll entweder ein Protokoll sein, ein rechtliches Instrument oder ein "Ergebnis mit rechtlicher Wirkung". Damit ist eine unserer Kernforderungen nicht erfüllt - dass nämlich am Ende ein völkerrechtlicher Vertrag stehen muss. Denn wenn es um wirtschaftlich bedeutsame Vorhaben geht, nützen freiwillige Abmachungen nichts, das hat die Geschichte der Umweltpolitik zur Genüge gezeigt.

    Neben dem Zeitpunkt der Verabschiedung eines Vertrages ist auch derjenige des Inkrafttretens wichtig. Auch hier haben sich die Bremser durchgesetzt und ein In-Kraft-Treten dieses neuen "Protokolls/Rechtsinstruments/Ergebnis mit rechtlicher Wirkung" nicht vor dem Jahr 2020 durchgesetzt. Das ist viel zu spät - ab 2020 müssten die globalen Emissionen schon spürbar sinken um die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten. Darauf hat Prof. Schellnhuber in seiner Bewertung von Durban sehr deutlich hingewiesen.

    Grüne Bewertung:
    Unsere Forderung nach einem Fahrplan für rechtlich verbindliches Klimaabkommen bis 2015 wird damit nur zum Teil erfüllt. Im Konkreten bleibt weiter alles offen.

  3. Der neu gebildete Grüne Klimafonds (Green Climate Fund, GCF) ist beschlossen worden. Dieser Fonds soll die finanzielle Säule des Klimaregimes bilden und vor allem die in Kopenhagen 2009 versprochene finanzielle Unterstützung für Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern übernehmen - in Höhe von 100 Mrd. Dollar ab 2020.

    Die gute Nachricht: Es wird einen arbeitsfähigen Fonds geben, auch der Streit über die Besetzung des Aufsichtsrats konnte beigelegt werden. Allerdings bleibt vor allem offen, woher die notwendigen Mittel in Höhe von 100 Mrd. Euro ab 2020 konkret kommen sollen. Keine Erwähnung finden Finanzquellen wie z.B. die Besteuerung des internationalen Schiffs- oder Flugverkehrs.

    Grüne Bewertung:
    Unsere Forderung, den Green Climate Fund arbeitsfähig zu machen wird erfüllt. Doch trotz einiger Ankündigungen (z.B. von Deutschland, €40 Mio. zur Verfügung zu stellen), bleibt er zunächst ein Konto ohne Guthaben.
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