Tödliches "Restrisiko"

31. März 2011 | Bundespolitik, Ott's Blogs | 
Der Kampf gegen die Atomkraft muss weitergehen – in Deutschland und in Wuppertal

Gastkommentar in der Wuppertaler Fraktionszeitung "Diese GRÜNEN"

Mit großer Bestürzung verfolgen wir die Ereignisse in Japan. Das Erdbeben und die Flutwelle des Tsunami haben große Zerstörung und Not hinterlassen. Wir trauern mit den Angehörigen der Toten. Wir fühlen mit den Verletzten und mit denen, die alles verloren haben. Und wir bangen, dass die Reaktorkatastrophe in Fukushima nicht unsere Alpträume einer großflächigen Verstrahlung wahr werden lässt. Nicht so etwas und schon gar nicht in Japan, das schon einmal die Folgen atomaren Wahnsinns in Hiroshima und Nagasaki zu tragen hatte!
Die Sorge vor einem atomaren Unglück ist der ursprünglichste Antrieb für das politische Engagement fast aller GRÜNEN. Wo wir auch herkommen, aus der Friedens- oder der Frauenbewegung, aus den Menschenrechts-, Entwicklungs- oder den Umweltorganisationen – uns alle eint die Überzeugung, dass die Atomenergie eine zutiefst menschenfeindliche Technik ist und dass keine noch so verlockenden Träume unbegrenzter Energieversorgung ihre Nutzung rechtfertigen kann. Wir waren und sind davon überzeugt, dass diese Technologie nicht beherrschbar ist und deshalb niemals hätte eingesetzt werden dürfen!

Was ist jetzt zu tun?
Was die Ereignisse in Japan betrifft, so können wir nur hoffen, dass die Welt noch einmal wie in Harrisburg an einer atomaren Katastrophe vorbeischrammt. Und wir können spenden für die Opfer des Erdbebens, des Tsunamis und der radioaktiven Strahlung.
In Deutschland muss ein für alle Mal klar sein, dass diese Risikotechnologie so bald wie möglich beendet wird. Das von der Bundesregierung jetzt auf zweifelhafter rechtlicher Grundlage erklärte „Moratorium“ der Laufzeitverlängerung ist bisher nur Augenwischerei, eine Notmaßnahme, um bis zur Sommerpause einigermaßen über die Landtagswahlen zu kommen. Davon dürfen wir uns nicht irre machen lassen und dürfen nicht locker lassen! Die jetzt vorläufig abgeschalteten älteren Reaktoren müssen für immer stillgelegt werden. Die schnell erfolgte Abschaltung beweist, dass wir sie nicht brauchen. Deutschland ist gewaltiger Stromexporteur – schon im Jahr 2007 waren zeitweilig sieben Atomkraftwerke aus verschiedenen Gründen abgeschaltet, ohne dass es zu Engpässen bei der Stromversorgung kam. Auch für die „neueren“ Reaktoren ab Baujahr 1980 muss ein schneller Ausstiegstermin gefunden werden – CDU und FDP kündigten den Atomkonsens auf und beschlossen im letzten Jahr, dass der Ausstieg erst in bis zu 40 Jahren erfolgen soll. Für GRÜNE ein unzumutbar langer Zeitraum, die Stillegung auch der „neueren“ AKW muss auf jeden Fall noch bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode 2017 erfolgen. Die Situation hat sich verändert: Erstens ist auch den Letzten seit Fukushima klar geworden, dass es selbst in einer hochtechnisierten Gesellschaft keine atomare Sicherheit gibt. Auch in Deutschland kann es zu Stromausfällen kommen, wodurch die Kühlung lahmgelegt wird, sei es durch Schneefälle (Blitzeis im Münsterland!) oder sei es durch terroristische Akte. Oder einfach durch menschliches Versagen, durch eine Kette von „nicht vorhersehbaren“ Umständen. Und zweitens haben wir in den letzten 10 Jahren einen so rasanten Anstieg der Erneuerbaren Energien erlebt, dass klar geworden ist: Es geht ohne Atomenergie – und schon bald auch ohne Kohle. Dies hängt sogar zusammen! Denn Atom- und Kohlekraftwerke erfordern eine zentral strukturierte Stromversorgung – Erneuerbare Energien aber brauchen intelligente, dezentrale Netze.

Erneuerbar ist machbar!
Die Möglichkeit der kompletten Energieversorgung durch Erneuerbare ist heute zig Mal durchgerechnet, ist machbar und nicht wesentlich teurer als das bisherige System.
Es könnte sogar billiger werden, wenn man die zu erwartenden massiven Preisanstiege für fossile Energieträger mit einberechnet und die Subventionen der Atomenergie für den Bau der Anlagen und die Entsorgung. Gekoppelt mit starken Energieeinsparungen durch hocheffiziente Technologien und Veränderungen in unseren Lebensstilen können wir eine Gesellschaft aufbauen, die funktioniert, ohne diesen Planeten für Menschen unbewohnbar zu machen.

…auch in Wuppertal
Dies ist auch die Vision für Wuppertal und das Bergische Land. Wir müssen Stadt und Region unabhängig machen von fossilen Brennstoffen – und von Atomenergie. Seit der Beteiligung des belgisch-französischen Konzerns GdF (Gaz de France) Suez im Jahre 2009 sind auch die WSW ein Atomkonzern. GdF Suez betreibt in Tihange westlich von Liège Atomanlagen, deren radioaktiver Fallout im Falle eines Unfalls sogar ziemlich wahrscheinlich Nordrhein-Westfalen verseuchen würde. Wir bitten alle WuppertalerInnen, auf die WSW einzuwirken, damit diese ihren Einfluss bei GdF Suez für deren Ausstieg aus der Atomenergie geltend macht.
Wir können ganz konkret in Wuppertal gegen Atomenergie aktiv werden. JedeR Einzelne kann z. B. zu einem reinen Ökostromanbieter wechseln (www.atomausstieg-selber-machen.de).
Viele WuppertalerInnen zeigen – so wie Hunderttausende in anderen Orten in Deutschland – mit ihren Mahnwachen (montags um 18 Uhr in Elberfeld), dass sie den Ausstieg aus der Atomenergie wollen. Alle Aktivitäten für den Ausstieg aus der Atomenergie sind laufend unter www.ausgestrahlt.de aktualisiert. Mit unserem Engagement tun wir beides: Wir ehren die Opfer der Atomenergie in Japan, Tschernobyl und vielen anderen Orten der Welt und wir kämpfen dafür, dass zukünftige Opfer vermieden werden.
Global denken, lokal handeln – das war schon seit unserer Gründung die GRÜNE Devise. Gegen Atomenergie und für eine bessere Welt.