Schlussspurt in Doha

Mit der Anreise der für das Klima zuständigen Minister gehen die Klimaverhandlungen von Doha nun in die entscheidende Phase. Doch die Nachrichten, die uns aus Doha erreichen, sind wenig ermutigend. Von substanziellen Ergebnissen ist man weit entfernt.

Besonders enttäuschend: Vor allem die Europäische Union fällt als treibende Kraft in Doha bislang aus. Der interne Streit um die dringend notwendige Erhöhung des europäischen Reduktionsziels auf minus 30 Prozent und die klimaschädliche Möglichkeit zur Übertragung von Emissionszertifikaten in eine neue Kyoto-Verpflichtungsperiode lähmen die EU und gefährdet damit den Ausgang von Doha insgesamt.


EU verpasst Chancen einer Vorreiterolle

Mit einer Vorreiterrolle hätte die EU die Chance, den europäischen Binnenmarkt durch entsprechende Rahmenbedingungen so umzugestalten, dass er zu einem Leitmarkt für kohlenstoffarme, solare Technologien und nachhaltige und energieeffiziente Produkte würde. Das hätte auch direkt globale Auswirkungen. Denn wer zukünftig auf diesem Markt vertreten sein will, muss hohe Effizienzanforderungen einhalten, oder er wird auf dem Markt nicht bestehen können. Ein Vorangehen der EU hat auch unmittelbar Auswirkungen auf die Märkte in Amerika oder Fernost: Sie müssen nachziehen. Denn viele Hersteller verkaufen ihre Produkte global - was in Europa angeboten wird erreicht selbstverständlich auch den Rest der Welt. Auch dort werden Kunden und Kundinnen dann solche Produkte verstärkt nachfragen und sich kaum mit etwas Minderwertigerem zufrieden gegeben.


Positive Erfahrungen aus der Vergangenheit sollten Mut machen

Die Einführung der europäischen REACH Verordnung zur Chemikaliensicherheit kann als Beispiel für den Erfolg einer Vorreiterolle in der Umweltpolitk dienen. Nach langen und zähen Verhandlungen verabschiedete die EU diese wichtige umweltpolitische Regelung. Auch hier standen am Anfang Befürchtungen, den europäischen Unternehmen würden dadurch Nachteile im Wettbewerb entstehen. Tatsächlich werden Die REACH-Regeln inzwischen weltweit akzeptiert und Länder wie die USA, Australien, Japan oder Kanada wollen ihre nationale Chemikaliengesetzgebung ihrerseits entsprechend überarbeiten. Die EU hat mit ihren Vorgaben zur Chemikaliensicherheit seinerzeit eine Vorreiterrolle in der Welt eingenommen und einen durchaus anspruchsvollen Rechtsrahmen gesetzt, der für jeden gilt, der auf dem europäischen Markt vertreten ist. Das gilt es auf den Bereich des Klimaschutzes zu übertragen.


Die EU ist ein entscheidender Akteur im internationalen Klimaprozess

Die Europäische Union ist aufgrund ihrer Wirtschaftskraft und ihrer bislang relativ fortschrittlichen Klimadiplomatie eine entscheidende Akteurin auf der internationalen Bühne. Deshalb ist es mitentscheidend für das Erreichen des 2-Grad-Zieles, ob die EU auf dem Gebiet der klimafreundlichen Technologien führend ist. Kann die EU ihre Energieversorgung drastisch reduzieren so wird das andere überzeugen und auch ökonomischen Druck ausüben. Das Ziel der Europäischen Union muss ein Europa der Effizienz und der 100 Prozent Erneuerbaren Energien möglichst bis 2030 werden. Ein erster notwendiger Schritt dorthin ist ein unkonditioniertes Minderungsziel für Treibhausgase von mindestens 30 Prozent bis 2020 gegenüber 1990.


Die EU zur Keimzelle neuer internationaler Klimaallianzen machen

Darüber hinaus muss die EU international neue Allianzen schmieden, um bestehende Blockaden bei den Klimaverhandlungen zu lösen. Eine Unterstützung des Kyoto-Protokolls und echte finanzielle Leistungen könnte die „Green Group“ (EU plus Entwicklungsländer) wiederbeleben, die in den bisherigen Krisen die Klimapolitik entscheidend voran gebracht hat. Gezielte Allianzen der EU mit einer Gruppe von engagierten Industrie- und Schwellen- (z.B. die BASIC-Gruppe) und Entwicklungsländern könnten zu Ausgangspunkten für globale Initiativen werden, denen sich dann immer mehr Länder anschließen. Solche Allianzen bieten sich insbesondere zu den Themen Waldschutz, Infrastrukturentwicklung, Ausbau der erneuerbaren Energien und Verbesserung der Energieeffizienz an.

Nur als Vorreiter kann die EU als ein starker Akteur bei den internationalen Klimaverhandlungen auftreten und statt interner Abstimmungslähmung wieder strategische internationale Allianzen schmieden.

Leider ist Deutschland derzeit weder für das Agieren der EU noch für den internationalen Klimaschutz hilfreich. Altmeier redet vom 30 Prozent Ziel und Rösler bremst zugleich den Klimaschutz aus, wo er nur kann. Merkel lässt alles laufen. Die Kanzlerin muss hier endlich ihre Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung für mehr Klimaschutz wahrnehmen!